Es hat seit jeher Völkerwanderungen gegeben; die Menschen flüchteten vor dem Leid, der Gewalt und den Ungerechtigkeiten in ihren jeweiligen Herkunftsländern. Sie träumten von einem besseren Leben. Indem sie auswanderten, nahmen sie ein Stück ihrer Traditionen mit sich. Sie hofften diese in ihrem Ankunftsland wieder aufleben lassen zu können. Doch der Rest der Geschichte war immer eine Sache der Machtverhältnisse, der Stärkere zwang seine Religion dem Schwächeren auf. Man musste sich unterwerfen, es war dies eine der Hauptbedingungen, um sich in der neuen Gesellschaft eingliedern zu können.
Der »weiße Mann«, Kolonialist und gläubig, machte hier immer eine Ausnahme; er zwang die Einheimischen der Länder, die er kolonisierte, seine Religion anzunehmen!
Migration und Laizität?
Ein doppelschneidiges Schwert, wenn man davon ausgeht, dass eine solche Frage sich nur in Ländern stellen kann, die auch laizistisch sind. Und wenn man sich die einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ansieht, dann stellt man fest, dass eigentlich nur Frankreich erklärt, eine laizistische Republik zu sein. Der Widerspruch ist also offensichtlich, wenn man von Laizität spricht in einer Europäischen Union der christlichen Werte.
Die Gefahr für die Laizität kommt also nicht von den Migranten, sondern sie kommt aus dem Innern der europäischen Institutionen. Laurent Fabius, ehemaliger französischer Minister, hatte am Anfang des Konflikts mit Syrien erklärt, die christlichen Syrier seien in Frankreich willkommen. Eine eigenartige Aussage von einem Vertreter einer laizistischen Republik.
Man braucht sich also nicht zu wundern, dass die Republik Niger im Jahr 2019 die Migrationshilfe verbot auf Druck der Europäischen Union, welche dort sogar eine Militärbasis geschaffen hat (s. »Monde diplomatique«, Juni 2019).
Und die Laizität in dem Ganzen? Die französischen Politiker, welche auf der höchsten politischen Ebene tätig waren, haben die Laizität nie konsequent verteidigt. Man gewinnt nun mal keine Wahlen mit laizistischen Argumenten. Der Weg zum Erfolg führt immer über die sogenannte »Kirchturmpolitik«. Übrigens hat der jetzige Präsident der französischen Republik, Emmanuel Macron, dies sehr wohl verstanden. Er ist mit seiner «Politik der Versöhnung« mit den Religionsgemeinschaften (seine jesuitische Erziehung spielt hier wohl eine große Rolle), die wahre Gefahr für die Laizität in Frankreich.
Und die Migranten … ? Sie bleiben weiterhin die Opfer der skrupellosen Passeure und riskieren weiterhin ihr Leben auf der Suche nach … ?!
Das eigentliche Problem ist also rein politisch. Nicolas Sarkozy, ehemaliger Präsident der französischen Republik, sagte 2016 (s. »La Voix du Nord«, 24.08.2016): »Es sind nicht die Religionen, mit denen die Republik Probleme hat, sondern nur mit einer unter ihnen.« Damit meinte er natürlich den Islam.
Diese Interpretation der Laizität ist nicht zulässig! Eine Laizität des Ausschlusses führt geradewegs zu einem laizistischen Obskurantismus!
Für den Luxemburger Freidenkerbund,
Edouard Kutten, Präsident
Statement am Kongress vom 14. September 2019 in Esch s. A.