Presse-Mitteilung vom 18. März 2003
Am vergangenen Wochenende tagte in Prag der Weltkongress der Freidenker. Prag war letztmalig 1936 Tagungsort des Kongresses, kurz bevor mit der Zerschlagung der Tschechoslowakei durch die deutschen Faschisten das unmittelbare Vorspiel des 2. Weltkriegs begann. Der Internationale Rat der Weltunion wählte ein neues Executivbüro mit Prof. Dr. Jacques Prépin (Versailles) als Präsidenten und Klaus Hartmann (Offenbach) als Vizepräsidenten.
Unter dem Motto „Fundamentalismus und Irrationalismus – Bedrohung von Frieden, Laizität und Demokratie“ wurden verschiedene religiöse und weltliche Spielarten der Zerstörung der Vernunft beleuchtet. Für den Deutschen Freidenker-Verband sprach zunächst Prof. Dr. Hans-Günter Eschke (Jena) über Sinn und Aufgaben freien Denkens angesichts ideologischer Sinngebungsversuche für „Neoliberalismus“ und „Postmoderne“. Lorenz Knorr (Frankfurt/Main) hatte als junger Antifaschist aus Cheb (Eger) die profaschistischen Umtriebe der „Sudetendeutschen“ selbst erlebt und setzte sich mit dem Geschichtsrevisionismus der sogenannten „Vertriebenen“ und ihren revanchistischen Politanwälten heute auseinander.
Unter dem Eindruck der unmittelbaren Kriegsdrohung aus den USA war die Friedensproblematik das zentrales Thema des Kongresses. Klaus Hartmann in seiner Rede zur Kongress-Eröffnung und Dr. Stanislav Pateijdl (Prag) von der Tschechischen Friedensgesellschaft hoben hervor, dass mit den sogenannten „humanitären“ Kriegen oder solchen „gegen Terror“ eine Erosion des Völkerrechts betrieben wird, zu der die schamlos zur „antifaschistischen Tat“ herbeigelogene NATO-Aggression gegen Jugoslawien 1999 den Eröffnungszug darstellte.
In der Diskussion über eine Antikriegs-Erklärung wirkte zunächst das in Teilen der Friedensbewegung verbreitete Bemühen, durch Distanzierung vom irakischen „Regime“ nicht als „Freunde Saddam Husseins“ zu erscheinen. Dem wurde entgegengehalten, dass eine Äquidistanz zwischen Aggressor und Opfer schon moralisch inakzeptabel ist, und dem zentralen US-Kriegsmotiv vom „Regimewechsel“ vorarbeitet, womit der Krieg, wenn auch „wider Willen“, letztlich legitimiert wird. Im Kampf gegen die Zerstörung des Völkerrechts stehe die irakische Regierung jedenfalls objektiv auf der Seite der Friedenskräfte. Schließlich wurde eine Erklärung ohne „Distanzierung“, aber mit Bekräftigung von Souveränität und Selbstbestimmungsrecht, einstimmig beschlossen:
„Die Weltunion der Freidenker, die sich zu ihrem Kongress in Prag am 15. und 16. März 2003 versammelt hat, verurteilt mit Nachdruck die Angriffe und Kriegsdrohungen gegen das irakische Volk.
Sie verteidigt die Autorität der UNO, das Verbot des Krieges in der UN-Charta, und die Gleichheit aller Staaten als Fundament des Völkerrechts.
Sie ist überzeugt, dass es das ausschließliche Recht des irakischen Volkes – wie jedes anderen Volkes – ist, über seine Regierung ohne Einmischung von außen zu entscheiden, und über seine politische und Wirtschaftsordnung selbst zu bestimmen.
Für eine demokratische und laizistische Entwicklung wie für die Verwirklichung der Menschenrechte ist die Abwesenheit militärischer Bedrohung und wirtschaftlicher Not eine unabdingbare Voraussetzung.
Die Weltunion der Freidenker klagt die religiösen und völkischen Vorurteile an, den Hass zwischen Völkern und Nationen zu fördern und damit die Kriegsgefahren zu verschärfen.
Sie fordert mit Entschiedenheit die Bewahrung des Friedens in der ganzen Welt, zumal die Verantwortlichen der Kriege niemals die Opfer der entfesselten Gewalt und des Massenmordes sind.“
Nach Ende des internationalen Freidenker-Kongresses meinte Klaus Hartmann: „Das Versprechen von Bush, ‚der Tyrann wird bald Vergangenheit sein’, dürfte nichts wert sein, da es der Autor falsch verstanden, nämlich nicht auf sich bezogen hat. Aus dem Munde eines pathologischen Verbrechers klingt ‚Möge Gott Amerika weiterhin schützen!’ besonders passend. Wenn sich die Kriegswütigen schon von Millionen Menschen nicht stoppen lassen, sollte aus humanitären Gründen bei der Zahl der Opfer der Anteil der Aggressoren möglichst hoch sein.“
Klaus Hartmann (Vizepräsident)